30. März 2009

Lob des Außenseiters

Anscheinend hat es der Frühling jetzt doch geschafft. Den lagerfähigen Roten - unverzichtbare Gesellen in der geheizten Stube und zum Wild- oder Lammgericht - seien ein paar Monate zur weiteren Reife gegönnt. Die Stunde der wetterangemessenen Weißen steht unmittelbar bevor. Die Balkone werden geputzt, die Terrassen gefegt, die Spargelsaison steht vor der Tür.
Zeit für die wohl am meisten mißverstandene heimische weiße Rebsorte: den Elbing. Einst dominierte er fast alle deutschen Anbaugebiete, doch mittlerweile pflegt er eine Exotenexistenz. Abgesehen von ein paar Mini-Exklaven in Sachsen, Rheinhessen und an der Donau(!) wird er noch an der südlichen Mosel, zwischen Perl und Wasserliesch angebaut, auf mittlerweile nur noch rund 500 Hektar. Dort gedeiht er auf Muschelkalk/Keuper-Böden. Geprägt wird er in der Regel von einer markanten Säure und verhaltenen Steinfrucht- und Zitrusaromen. Viele Jahre wurde er hauptsächlich als Grundwein für die Sektherstellung benutzt, doch seit einigen Jahren hat sich eine überschaubare Schar ambitionierter Winzer aufgemacht, der Sorte vor allem durch ertragsreduzierten Anbau mehr Profil zu verleihen. Fast unbemerkt von der "großen Weinwelt" entstehen so Weine, die sowohl als sommerlicher Durstlöscher, wie auch als Begleiter zu Austern (absoluter Geheimtipp!), Binnenfischen und natürlich Spargel (nature, ohne Hollandaise, nur mit Kartoffeln und zerlassener Butter) eine ausgezeichnete Figur machen.
Das geringes Renommé korrespondiert mit dem geringen Preis. Ausgezeinete Literweine gibt es bereits ab 3,20 Euro und auch extraktreiche, würzige Elblinge kosten selten mehr als fünf Euro.
Wir freuen uns bereits auf den aktuellen Jahrgang, der allmählich abgefüllt wird, un werden ihn mit unserem kleinen Weinteam ausgiebig testen. Vorweg können wir aber bereits drei Elblingwinzer aufgrund jahrelanger Erfahrungen quasi "blind" empfehlen:
Weingut Ernst Hein (Temmels)
Weingut Stefan Steinmetz(Wehr/Palzem)
Weingut Hubertus Apel (Nittel)

28. März 2009

Alles außer Dornfelder und Chardonnay

Es gibt Seuchen im Weinbau, deren Gefährlichkeit Plagen wie die Reblaus oder diverse Pilzkrankheiten fast in den Schatten stellt. Da sind zum einen die sogenannten "internationalen Weine", die einem quasi künstlich erschaffenen Geschmacksbild entsprechen und unabhängig von ihrer Herkunft stets gleich schmecken: fett, überladen, holz- und vanillelastig, oft mit einem heftigen Alkoholgehalt. Bei den Weißweinen ist der Chardonnay der Inbegriff dieser Fehlentwicklung.
Verdient hat es diese Rebsorte nicht. Im Burgund und in Chablis gibt es nach wie vor wunderbar reintönige, fruchtige und leichte Chardonnays mit feiner, vegetabler Aromatik. Doch in der Regel gilt mittlerweile leider: Finger weg!
Noch schlimmer ist es mit dem Dornfelder. Diese deutsche Mißgeburt entstand 1956 in Frankensteins Labor in Weinsberg als Kreuzung aus Heroldsrebe und Helfensteiner. Ziel war es, einen "Deckwein" mit möglichst dunkler Farbe zu produzieren, der den in der Rgel nicht sehr farbintensiven deutschen Rotweinen durch (legale) Beimischung ein sattes Rot zu verpassen. Das ist gelungen, doch irgendwann, kamen die Winzer und vor allem die Vermakrter auf die Idee, das Zeug sortenrein auszubauen. Aufdringliche Pseudo-Kirschfrucht, pappige Noten und manchmal auch finstere Holznoten prägen seinen Auftritt. Ausnahmen gibt es kaum, mir ist jedenfalls nur ein einziges trinkbares Exemplar untergekommen. Es ist zu hoffen, daß der mündige Weintrinker dieses Zeug endlich dahin verbannt, wo es hingehört: In die Discounterregale für 1,99!